Geschichte der Schule

Gründung

Im Jahre 1905 gründete Fräulein Clementine Nebe eine Privatschule, ein Institut für Mädchen, das 1910 von der Gemeinde übernommen wurde. Damit verfügte die aufstrebende Stadt am Rhein über zwei Höhere Schulen, denn seit 1907 gab es schon ein öffentliches Realgymnasium für Jungen. Der Mädchenschule mit mittlerem Abschluß war eine dreijährige Vorschule angeschlossen, deren Besuch alternativ zur Volksschule möglich war und die auch Jungen aufnahm. Als Provisorium wurde am 13. April 1910 das noch heute erhaltene Gebäude Ecke Kappeler- / Benrodestraße bezogen. Schon 1912 wurde der östliche Schloßflügel für schulische Zwecke hergerichtet, in dem mit kurzen Unterbrechungen bis 1958 der Unterricht stattfand.

Unsere Schule während des Zweiten Weltkrieges

Nach dem Ersten Weltkrieg wirkte sich die politisch-gesellschaftlichen Veränderungen vor allem durch den Beginn einer aktiven Mitarbeit von Elternbeiräten und Schülervertretern in der Gestaltung des Schullebens aus, auch wurde der Unterricht lebensnäher. Die Vorschule wurde eingestellt, andererseits scheiterten die Bemühungen um einen Ausbau der Schule bis zum Abschluß mit dem Abitur, als Benrath 1929 nach Düsseldorf eingemeindet wurde, an der akuten Finanznot. Ab 1933 wurde die innere Veränderung der Schule planmäßig vorangetrieben, Staatsbürgerkunde, Rassenlehre und Leibesübungen traten gegenüber den traditionellen Fächern in den Vordergrund. Ein neuer Schulleiter, Mitglied der NSDAP, bemühte sich um den Eintritt möglichst vieler Schülerinnen in den BDM; die Lehrerinnen hielten sich offenbar von der NSDAP selbst fern, mußten aber wenigstens Mitglied irgendeiner der vielen NS-Organisationen sein. Bald wurde der Ariernachweis für Kollegium und Schülerschaft verpflichtend. Letztere zumindest scheinen aber diese Veränderungen nicht als belastend empfunden zu haben, sondern ließen sich von der Propaganda, die auf jugendliche Gemüter angelegt war, für eine zukünftige bessere Volksgemeinschaft gewinnen. Die vielen gesellschaftlichen, sportlichen und musischen Aktivitäten wurden offenbar freudig akzeptiert. Spürbarer als der politische Zwang wirkte sich die Krieg auf das Schulleben aus. Seit ab 1942 die Luftangriffe zahlreicher und zerstörerischer wurden, befand sich ständig ein Teil der Schülerinnen und des Kollegiums in Lagern der Kinderlandverschickung. Ein kontinuierlicher Unterricht wurde immer schwieriger, da die Kinder auch durch familiäre Probleme belastet waren; dazu wurden sie durch Sammlungen und Einsätze für die Kriegswirtschaft eingespannt. Als die Alliierten schließlich Deutschland erreichten, musste der Unterricht am 6. Oktober 1944 ganz eingestellt werden.

Nachkriegszeit und Wirtschaftwunder

Erst nach einem Jahr, am 15. Oktober 1945, wurde der Schulbetrieb mit Genehmigung der Militärregierung wieder aufgenommen. Der Beginn war geprägt von einem Mangel in allen Bereichen und großer geistiger Unsicherheit. Mit viel pädagogischem Optimismus und Engagement übernahm Herr Hellmut Lauffs, der in der NS-Zeit aus politischen Gründen nach Oberkassel versetzt worden war, die Leitung der Schule, die bald als voll ausgebautes neusprachliches Gymnasium mit angegliederter Frauenoberschule geführt wurde. Der Unterricht fand vormittags oder nachmittags im wöchentlichen Wechsel statt, weil man sich den Ostflügel des Schlosses mit dem Jungengymnasium teilen musste. Da die Zahl der Schülerinnen ständig stieg, baute schließlich die Stadt bei wachsendem Steueraufkommen ein großzügig bemessenes neues Schulgebäude an der Brucknerstraße, das 1958 unter der Leitung von Frau Wagener (seit 1953) bezogen wurde. Das Gebäude entsprach ganz dem pädagogischen Vorstellungen dieser Zeit; die Außenfassade mit der „Pusteblume“ wurde von Prof. Schulte-Frohlinde gestaltet. Ihm verdankt die Schule auch den Namen Annette-von-Droste-Hülshoff-Gymnasium, der nach leidenschaftlich geführter Diskussion schließlich akzeptiert wurde. Die nächsten Jahre waren geprägt von einer wachsenden Akzeptanz des gymnasialen Zweiges und zunehmendem Lehrermangel. Wegen des zunehmenden Raummangels wurde Anfang der 1970er Jahre auf dem Gelände des Schulgartens ein Neubau mit 8 Klassenräumen errichtet. Mit der Einführung der Koedukation 1973/74 endete in der Praxis die Bemühung um eine besondere Mädchenbildung. Hinzu kam, dass es nach 1972 keine Schultypen mehr gab und das ehemals neusprachliche Mädchengymnasium mit Frauenoberschule nun die Gleichwertigkeit der Fächer vertreten musste. Auf Frau Wagener folgte von 1975 bis 1993 Herr Meckel als Schulleiter, dem es gelang, die Schule pädagogisch neu zu orientieren. Während seiner Amtszeit nahm die Zahl der Schüler ständig zu und führte zu aufwändigen Umbauten und den Bau einer zweiten Turnhalle. Vor allem wurde mit der Oberstufenreform die Einrichtung angemessener Fachräume für die Naturwissenschaften erforderlich. In diese Zeit fällt auch der Beginn der Maßnahmen zur Berufsvorbereitungen, die Einführung der 5-Tage-Woche, das Angebot, Französisch als erste Fremdsprache zu wählen sowie die Aufnahme von Partnerschaften mit ausländischen Schulen. Seit 1994 war Herr Dr. Rehfus Schulleiter, und es gab weitere entscheidende Entwicklungen. Ein Treffpunkt für Schüler und Lehrer in der Caféteria wurde eingerichtet und die Nachmittagsbetreuung wurde angeboten. Partnerschaften mit Industrieunternehmen, der Stiftung Schloß und Park Benrath, der Tonhalle und mit einem Sportverein erweitern erheblich das Unterrichtsangebot außerhalb des Schulgebäudes. Nicht zu vergessen sind die zahlreichen Veranstaltungen von Orchester, Chören und Theater, die das Bild der Schule in der Öffentlichkeit prägen.

In den letzten Dienstjahren von Herrn Dr. Rehfus wurde es in der Schulpolitik turbulent. Die im Sommer 2005 eingeschulten Schülerinnen und Schüler bestanden ihre Abiturprüfungen im Frühjahr 2013 zeitgleich mit den Schülerinnnen und Schülern Vorjahrgangs, also schon nach 8 Jahren. Durch die Erhöhung der Stundenzahl in „ G8“ wurde zunehmend Nachmittagsunterricht notwendig. Die Schule entschied sich, Nägel mit Köpfen zu machen, und sich in ein Ganztagsgymnasium umzuwandeln.

Im Sommer 2010 wurden die ersten Schüler für den Ganztag aufgenommen. Nach der Pensionierung von Herrn Dr. Rehfus wurde seine Stellvertreterin Frau Vinke im Februar 2010 Schulleiterin. Mit zahlreichen Festveranstaltungen im Jahr 2010 wurde das 100-jährige Jubiläum der Schule gefeiert.

Durch die angestiegene Präsenzzeit aller Beteiligten veränderte der Ganztag das Leben an unserer Schule. In die ehemaligen Hauswirtschaftsräume wurde eine moderne Mensa eingebaut, die im Winter 2013/2014 eröffnet werden konnte. Kurz danach konnten auch neue Räume für die pädagogische Übermittagsbetreuung und für die Betreuung am Nachmittag in Betrieb genommen werden. Seit 2016 hat Frau Barbara Maerker, eine ehemalige Schülerin, von Frau Vinke die Leitung der Schule übernommen.

Durch eine engere Kooperation mit der Clara-Schumann-Musikschule können nun viele Schülerinnen und Schüler des Annette-von-Droste-Hülshoff-Gymnasiums ihren Musikunterricht in ihrer eigenen Schule bekommen und in gemeinsamen Ensembles spielen.


Annette von Droste-Hülshoff und unsere Schule

Porträt von Annette von Johann Joseph Sprick (gemeinfrei)

Porträt von Annette von Droste-Hülshoff von Johann Joseph Sprick (gemeinfrei)

Die Beziehungen des Annette-von-Droste-Hülshoff-Gymnasiums zur Dichterin sind zunächst rein historisch. Im Jahre 1910 wurde ein ‚Lyzeum Benrath‘ gegründet, das bis 1958 im Benrather Schloss domizilierte, dann aber ins heutige Gebäude an der Brucknerstraße 19 umzog. Die neue Schule brauchte einen neuen Namen. Eine bedeutende Persönlichkeit wurde gesucht, die dem Geist dieses Lyzeums entsprach und das Kollegium des Mädchen-Lyzeums plädierte einstimmig für „Annette-von-Droste-Hülshoff-Gymnasium“.
Die Elternschaft war eigentlich dagegen, weil – so heißt es! – Annette doch unverheiratet sei. Das letzte Wort behielt aber am Ende das weibliche Kollegium.

Inzwischen ist die Schule über 100 Jahre alt. Im Jahre 1997 veranstaltete das Gymnasium zum 200. Geburtstag seiner Annette ein Symposion mit vielen Veranstaltungen von Schüler/innen, Eltern und Lehrer/innen, in denen u.a. auch Annettes komponierte Lieder zu Gehör gebracht wurden. Den Festvortrag hielt Prof. Dr. Gössmann.

Ideologisch ist das heutige Gymnasium zwar noch einer Annette-Mentalität verbunden, sieht sich aber auch einem Lessing und Heine und der gesamten europäischen Aufklärung zugetan, ohne einen Goethe und Schiller in die zweite Liga absteigen zu lassen. Genau das meint das Motto der Schule: „Der Tradition verbunden – Der Zukunft verpflichtet“

Mit unserem Gymnasium wird auch ein Zitat verbunden, das die Stirnwand im Foyer der Schule ziert – ein Einfall des damaligen Architekten Prof. Schulte-Frohlinde – „Ich säe in alle Winde“ (sehr schön mit einer Pusteblume illustriert). Dieses Zitat stammt übrigens nicht von Annette-von-Droste-Hülshoff. Es ist das Stammzitat des französischen Lexikons ‚Larousse‘. Dennoch: Das Annette-Gymnasium hätte nichts dagegen, wenn seine pädagogische Saat aufginge und sich demnächst als Forscher, Unternehmer oder Nobelpreisträger outete!

Wer war Annette von Droste-Hülshoff ?

Annette war ein ‚Frühchen‘, ein Siebenmonatskind, aber sie kam auch 100 Jahre zu früh in diese Gesellschaft. Es war jene Zeit, die wir heute harmlos als „Biedermeier“ abtun, in der eine Frau jedoch für unsere Verhältnisse eher ein Untermensch war (kein Wahlrecht, kein Bankkonto, kein eigenes Recht auf Arbeit ohne Einwilligung des Ehemanns, kein Recht auf Scheidung und bei Annette sogar ein Publikationsverbot durch die Mutter).

Plastisch formulierte der Bruder von Annettes Freundin Adele, Arthur Schopenhauer – ja der Philosoph! – die Frau als solche: „Das Weib ist das niedrig gewachsene, schmalschultrige, breithüftige und kurzbeinige Geschlecht, das man das unästhetische nennen könnte. Das Weib ist eine Art Mittelstufe zwischen dem Kinde und dem Manne, als welcher der eigentliche Mensch ist …“

Dabei war Annette ein ‚hochbegabtes‘ Kind. Sie fabrizierte mit 6 Jahren ihre ersten Gedichte, dichtete locker schon mit 12 Jahren, lernte Latein, Englisch, Französisch, Italienisch, spielte Klavier, komponierte Lieder und versuchte sich sogar an einer Oper; sie spielte Theater und schrieb auch die entsprechenden Libretti für den Hausgebrauch. Zudem hatte sie einen scharfen analytischen Verstand, der ihr selbst, aber besonders ihrer männlichen Umwelt bei den häufigen Diskussionen im adligen Hause störend im Wege stand. [vgl. Zitate ].

Zeit ihres Lebens kränkelte sie, die nur 1.50 m groß wurde, hatte Gesundheitsprobleme, einen empfindlichen Magen, häufig Durchfall, konnte nicht alles essen (Mehlsuppen waren angesagt) und verbrachte alle 28 Tage sogar mehrere Tage mit ‚Bauchschmerzen‘ im Bett.
Annette war extrem kurzsichtig, was ihre Schrift bis zur Unleserlichkeit verkleinerte, was auf der anderen Seite die kleinen Dinge – die Halme, die Käfer, die Büsche – „im Grase“ erklärt, auf der anderen Seite jedoch die Blicke auf die Weiten des Bodensees und die Alpen als bloße Visionen erscheinen lässt.
Die Pflege ihres lungenkranken Bruders war für die streng katholische Annette eine selbstverständliche Christenpflicht, für ihre Gesundheit wahrscheinlich dennoch schädlich. Annette stirbt am 24.5.1848 mit 51 Jahren, wie es heißt an einem Herzinfarkt.
Die multiplen Enttäuschungen und die zunehmenden Depressionen werden sicher mehr dazu beigetragen haben. Die Diskrepanzen zwischen ihrem aufgeklärten Verstand, den reaktionär-katholischen Adelsverwandten und den patriarchalischen Etiketten waren zu groß, um von einer schwachen Gesundheit überspielt werden zu können.

Zu früh im Jahrhundert
Nur Frau in einer bigotten/herrlichen Männerwelt
In Adelsfesseln dazu
Und außerdem recht katholisch imprägniert

Das waren die Parameter, die „Gitterstäbe“ für ihren flüggen Geist. Annette hatte einen Geist, der all diese Gitterstäbe überflügelte und doch nicht loskommen konnte von ihnen. Sie fühlte ihr Leben gefangen wie in einem Käfig und lernte als Konsequenz, ihr Leben in die Freiheit der Dichtung hineinzuweben, bis zur Unkenntlichkeit zu verstecken und zu miniaturisieren in die scheinbare Naturbeschreibung hinein. Ihre persönlichen Gefühle sind selten, stets kontrolliert/verhalten und meist eingebunden in die Gegenstände der Natur.

Aber da kommt in ihr Leben ein Lichtblick: Lewin Schücking.
17 Jahre jünger als sie selbst, stellenloser, gut aussehender Jurist, gebildet, belesen – eine (nur platonische ?) Liebe macht sie glücklich. Schücking wird vorübergehend von Annettes Schwager als Bibliothekar auf dessen Meersburg verpflichtet und ist in ihrer Nähe. Herbst 1841 – April 1842 heißen diese glücklichen Monate mit diesem jungen Geist, der sie zu verstehen scheint. Fruchtbar werden diese Monate: Man frühstückt gemeinsam, man dichtet am Vormittag, man macht einen Spaziergang des Nachmittags, und man diskutiert des Abends die Produkte. So etwa war dieses Glück, wo „Die Judenbuche“ 1841 fertig wurde und Annette ihren Freund Lewin „Meine Muse“ nennt.
Der 27-Jährige jedoch mochte seine „Muse“ nicht heiraten, verliebte sich in eine jüngere (verheiratete) Frau und heiratete später doch noch eine jüngere Unverheiratete, mit der er Annette auch besuchte. Lewin Schücking bleibt Annette literarisch verbunden, bewirkt den Druck der „Judenbuche“ und gibt später eine Werkausgabe der Droste heraus. Annette hat dieses Beinahe-Lebensglück in seiner ganzen Ambivalenz poetisch kondensiert und im Gedicht „Die Schenke am See“ fast heiter dargestellt.

20 Jahre früher noch wäre Annette von Droste-Hülshoff ein gelehrtes Stiftsfräulein geworden – ähnlich ihrer adeligen Mutter, die ja aus einem Stift herausgeheiratet wurde! – und wäre vielleicht eine fromme Seele geblieben, wenn, ja wenn sie nicht diese intellektuelle Bildung gehabt hätte. Im Gegensatz zu ihrem Altersgenossen Heinrich Heine (beide sind 1797 geboren) hatte sie nicht die psychischen Freiheiten wie er, der spöttisch, aggressiv und als Mann(!) der Freiheit seines Geistes folgte und die Konsequenzen tapfer ertrug.
Annette bleibt der gefangene Vogel im Käfig – und hätte doch fliegen können! (vgl. „Am Turme“ und „Meine Lieder werden leben“ ) Keine Heroine ist sie geworden, die man (politisch) verehren muss, und doch war sie etwas das verkannte literarische Genie.

Annettes Sprache hat höchst subtile Qualitäten, sie differenziert sehr scharf, beobachtet realitätsgenau, zeigt jedoch in der Wortwahl zuweilen gelehrte und regionale Eigenwilligkeiten, die das Lesevergnügen mitunter erschweren. Man muss sich als Leser schon einlassen mit ihr, ihr mit Geduld entgegenlesen, um beschenkt zu erkennen, dass sie eine große Dichterin ist. Es gibt vorzügliche moderne Hilfen dazu: Lutz Görners Auswahl z.B. und sein Abendvortrag mit den nass-forschen Zwischentexten sind eine hervorragende Motivation, die verkannte Dichterin Annette kennen und schätzen zu lernen.

Geburtshaus der Dichterin und Stammsitz der Familie Droste-Hülshoff seit 1417. (Foto: Oliver Franke, Tourismus NRW e.V., CC BY-NC-ND)

Lebensdaten

1797 Anna Elisabeth („Annette“) Freiin von Droste zu Hülshoff wird am 12. Januar in Haus Hülshoff/Fürstbistum Münster geboren. Vater: Clemens August Freiherr von Droste zu Hülshoff. Mutter: Therese geborene Freiin von Haxthausen. Geschwister: Maria Anna („Jenny“), geboren 1795; Werner Constantin, geboren 1798, Ferdinand, geboren 1802. Das zu früh geborene Kind „Annette“ wurde von einer Amme am Leben gehalten, die ihrerseits bis zum Tode in Rüschhaus lebte und gepflegt wurde.
1813 Sommer in Bökendorf bei der Haxthausen-Verwandtschaft. Bekanntschaft mit Wilhelm Grimm, Beteiligung an Märchen- und Volksliedsammlung (1818 Bekanntschaft mit allen Geschwistern Grimm in Kassel).
1815 Schwere Krankheit
1819/20 Bökendorf. Unentschiedene Liebe zu Heinrich Straube und August von Arnswald, die sie bloßstellen. Katastrophe.
1825/26 Köln und Bonn
1826 Tod des Vaters. Annette verzichtet auf Erbe zugunsten des Bruders Werner Constantin, der ihr eine jährliche Leibrente von 200 Reichstalern zu zahlen hat; 100 Reichstaler gehen jeweils als Kostgeld an die Mutter, zu der sie auf den Witwensitz Rüschhaus zieht.
1828 Bonn. Bekanntschaft mit Johanna und Adele Schopenhauer.
1829 Erneute schwere Erkrankung.
1830/31 Bonn
1834 Die Schwester Jenny heiratet den Freiherrn Joseph von Lassberg und zieht zunächst nach Eppishusen im schweizerischen Thurgau (1838 Meersburg). – Annette schließt Freundschaft mit dem blinden Philosophieprofessor Christoph Bernhard Schlüter in Münster, der von nun an immer, auch neben Schücking, als geistiger Anreger, Kritiker und Vermittler ihrer Dichtungen an die Feuilletons wirkt.
1835/36 Besuch in Eppishusen
1836/37 Bonn
1837 Beginn der Zusammenarbeit mit und Fürsorge für Levin Schücking, den 17 Jahre jüngeren Sohn von Annettes Freundin, der Schriftstellerin Katharina Busch, die 1831 gestorben war und Annette den 16-Jährignen als Vermächtnis übergeben hatte (Levins Vater war wegen Unregelmäßigkeiten in der Amtsführung entlassen worden und nach Amerika ausgewandert). Gründung einer kleinen Schriftstellergesellschaft im Haus der Freundin Elise Rüdiger: deren Tante Henriette von Hohenhausen, Luise von Bornstedt, Wilhem Junkmann, Schücking, Elise, die Droste u.a.
1838 Auf Vermittlung Schlüters bei Aschendorf in Münster ‚Gedichte von Annette Elisabeth von D.H.‘ erschienen. Aus Familienrücksicht wurde der volle Name verschwiegen. Geringer Erfolg.
1839 Sommer in Abbenburg
1840/41 Mitwirkung an Schückings Arbeiten „Das malerische und romantische Westphalen“ mit Ferdinand Freiligrath) und der Erzählung „Der Familienschild“
1841 September: Schücking tritt bei Lassberg in Meersburg eine Stelle an. Die Droste folgt kurz darauf. Literarische Wette auf Produktion von Lyrik. Weitere Mitarbeit an Schückings Romanen.
1842 April: Schücking tritt eine Stelle als Hauslehrer in Mondsee an. „Die Judenbuche“ erscheint als Fortsetzungsgeschichte im Stuttgarter „Morgenblatt“; Beginn des literarischen Erfolges der Droste. – August: Rückkehr ins Rüschhaus.
1843 Sommer in Abbenburg; September: Reise nach Meersburg. – Nach längerem brieflichen „Minnedienst“ lernt Schücking die Schriftstellerin Luise von Gall persönlich kennen; Verlobung und Heirat, als seine Stellung als Redakteur an der Augsburger „Allgemeinen Zeitung“ gefestigt ist.
1843 November: Die Droste ersteigert das Fürstenhäuschen für 400 Reichstaler. Der Kaufpreis kommt in den nächsten Jahren durch Weinverkauf wieder herein.
1844 „Gedichte von Annette Freiin von Droste-Hülshoff“, erste Gesamtausgabe, erscheint bei Cotta in Stuttgart. September: Rückkehr ins Rüschhaus.
1845 Sommer in Abbenburg.
1846 Wegen kompromittierender Einzelheiten über den westfälischen Axdel in seinem Roman „Die Ritterbürtigen“, für die die Droste verantwortlich gemacht wird, bricht sie mit Schücking. Dieser wirkt weiter als ihr ‚Impresario‘. September: Krankheit und letzte Reise nach Meersburg.
1848 24. Mai: Tod der Droste auf der Meersburg. 26. Mai: Die Droste wird in Meersburg beerdigt.

Quellen: Marbacher Magazin 66/1995 Herbert Kraft, Annette von Droste-Hülshoff, rororo 1994

Moderne Dichter über Annette

Johannes Bobrowski und Sarah Kirsch, zwei bedeutende deutsche Lyriker, haben in ihren Gedichten über Annette diese Dichterin in ihrer Situation und Bedeutung wirklich verstanden.

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Sarah Kirsch, 1973 in: „Zaubersprüche“
Der Droste würde ich gern Wasser reichen

Der Droste würde ich gern Wasser reichen
In alte Spiegel mit ihr sehen, Vögel
Nennen, wir richten unsre Brillen
Auf Felder und Holunderbüsche, gehen
Glucksend übers Moor, der Kiebitz balzt
Ach, würd ich sagen, Ihr Lewin –
Schnaubt nicht schon ein Pferd?

Die Locke etwas leichter – und wir laufen
Den Kiesweg, ich die Spätgeborne
Hätte mit Skandalen aufgewartet – am Spinett
Spielen wir vierhändig Reiterlieder oder
Das Verbotene von Villon
Der Mond geht auf – wir sind allein

Der Gärtner zeigt uns Angelwerfen
Bis Lewin in seiner Kutsche ankommt
Schenkt und Zeitungsfahnen, Schnäpse
Gießen wir in unsre Kehlen, lesen
Beide lieben wir den Kühnen, seine Augen
Sind wie grüne Schattenteiche, wir verstehen
Uns jetzt gründlich auf das Handwerk Fischen

Johannes Bobrowski, 1959

Die Droste
Ich schau am Abend
über den See.
Über den See.

Was sollt ich noch?
Im gestärkten Kragen, das Haar
geknotet straff, ein wenig gebeugt:
so durch den Ufergarten der Gang.
Der Weinstock ist leer.

Nur das Leinen,
da zwischen ich lieg
die Nacht ohne Schlaf,
kommt aus dem Haus im Grasland. Dort
unterm hängenden Dach
blieben die Träume.

In der Ferne
die Rauchfahne.
Über der Insel wohl.
Lewin nicht und die andern,
keiner, nur noch das Gras

und der Wind gegen den Abend
hören mich an –
reden zu mir.

Zitate über Annette

Büste von Annette von Droste-Hülshoff auf dem Gelände der Burg Hülshoff

Büste von Annette von Droste-Hülshoff auf dem Gelände der Burg Hülshoff. (Foto: Thomas Klein-Hitpaß, CC-NC-BY)

Wilhelm Grimm:
Es war nicht gut mit ihr fertig zu werden… Sie wollte beständig brillieren.

Der Onkel Werner von Haxthausen nannte sie überaus gescheut, talentvoll sie sei voll hoher Eigenschaften und dabei doch gutmütig… eigensinnig und gebieterisch, fast männlich, sie habe mehr Verstand als Gemüt und sei durchbohrend witzig und wir disputieren schrecklich, Nette, Ludowine, Fritz…

Friedrich Beneke, ein Bekannter des Hauses, schildert sie 1820 als eine sehr feine, kleine Figur, sehr stark blond, ein hübsches Gesicht, ein Paar bedeutende blaugraue Augen…Eine schöne scharfe Klarheit des Verstandes, so unbefangen und tief ist mir selten vorgekommen und schon oft habe er von diesem seltsamen Mädchen früher gehört, dass sie ohne je magnetisch zu seyn, alle die Erscheinungen habe, die in das Gebiet des ‚Klarsehens‘ gehörten…

Carl Carvacchi, Finanzrat in Münster, meinte 1834:
Annette Droste sei die einzige geistreiche Natur, der er in Münster begegnet sei.

Schwager von Lassberg nannte sie 1836 ein entsetzlich gelehrtes Frauenzimmer

Adele Schopenhauer zu Annette:
sie sei das geistreichste Wesen, das sie unter Frauen kenne

Schlüter erwähnt im Nekrolog von 1848 ihre Gabe, die verwickeltsten Zustände zergliedernd zu entwirren… Nichts war vor ihrem psychologischen Anatomiemesser sicher und 1855 berichtet er, dass ihn immer ihr Subtilisieren… ihr Beobachten im Kleinen und Feinen störte, weil es in seiner Partikularität… seiner Entfernung vom Allgemeinen des Begriffes auf ihn mehr den Eindruck des Komischen machte.

Lewin Schücking (1844):
Sie ist scharfe Beobachterin, sie hat einen mikroskopisch genauen Blick für die Natur, und dieser Schärfe ihres Auges, die alles umfaßt, verdankt sie die außerordentliche Lebendigkeit, die frappante plastische Kraft ihrer Schilderungen, aber auch die Angewöhnung überall nur mit dem Auge zu suchen, überall nur das zu erforschen, was dem Blicke sich darbietet und aus dem so Erlauschten die Bilder der Natur nicht allein, sondern auch des Menschencharakters und der geschichtlichen Tatsache sich zusammen zu construieren. Was hinter dem Sichtbaren liegt und dem Auge entgeht, der Sinn, welcher der historischen Tatsache zu Grunde liegt und nur durch Gedankenkombinationen gefunden werden kann, beschäftigt sie weniger.

(Quelle: Herbert Kraft, Annette von Droste-Hülshoff Rowohlt 1994)

Werkübersicht

1804 Früheste erhaltene Verse Annettes
1805 Erster erhaltener Brief Annettes (an die Großmutter)
1808 Lied eines Soldaten in der Ferne
1809 Der Abend; Abendgefühl
1810 Das Schicksal
1813 Das befreyte Deutschland
1813/14 Dramenfragment Bertha
1816 Unruhe
1818 Das Epos Walther
1819 Die Novelle (unvollendet) Ledwina wird begonnen; Geistliche Lieder (Das Morgenroth schwimmt still entlang); Bettellied
1819/20 Geistliches Jahr, erster Teil
1820 Noth; Wie sind meine Finger so grün
1821 Beginn der Arbeit an der Novelle Ledwina (unvollendet); Generalbassbuch von Maximilian von Droste-Hülshoff
1827 Beginn der Arbeit an dem Epos „Das Hospiz auf dem großen St. Bernhard“
1829 Beginn der Arbeit an der Novelle „Die Judenbuche“
1830 Lieder
1834 Das Epos „Des Arztes Vermächtniß“; Das Epos „Das Hospiz auf dem großen St. Bernhard“ vollendet; Nicht wie vergangner Tage heitres Singen
1834/35 Entzauberung
1835/36 Bearbeitung des „Lochamer Liederbuches“; Lieder
1836 Der Graf vom Thal; Am grünen Hang ein Pilger steht
1837 Das Epos „Die Schlacht im Loener Bruch“; Die Wedertäufer; Lieder
1838 Klänge aus dem Orient; Das erste Buch erscheint bei Aschendorff in Münster: Gedichte von Annette Elisabeth v. D.H.; Der weiße Aar
1839 Zweiter Teil des Geistlichen Jahrs; Des alten Pfarrers Woche (gedruckt); Der Graf von Thal (gedruckt)
1840 Perdu; Der Geyerpfiff (gedruckt)
1840/41 Balladen; Mitarbeit am „Malerischen und romantischen Westphalen“ von Ferdinand Freiligrath und Levin Schücking
1841 Gedruckt: Das Fräulein von Rodenschild; Der Graue; Der Schlosse; Die Elemente; Gruß an das ‚Herrle‘; Vorgeschichte; Kurt von Spiegel; Das Fegefeuer des westphälischen Adels; Der Tod des Erzbischofs Engelbert von Cöln; Beginn der Arbeit an: Bei uns zu Lande auf dem Lande; Abschluss der Judenbuche
1841/42 Auf der Meersburg/Schücking dort als Bibliothekar; Balladen; Die Schenke am See; Der Knabe im Moor; Zeitbilder; Haidebilder; Am Thurm; Im Moose; Am Bodensee; Mein Beruf; Kein Wort, und wär‘ es scharf wie Stahles Klinge; O frage nicht, was mich so tief bewegt; Die Taxuswand; Das Spiegelbild; Neujahrsnacht; Abschied von der Jugend
1842 Nach fünfzehn Jahren; Der zu früh geborene Dichter; Westphälische Schilderungen; Die Ballade: Der spirtitus familiaris des Rosstäuschers; Gedruckt: Der Knabe im Moor; Im Moose; Warnung an die Weltverbesserer; Gruß an [Wilhelm Junkmann]; Die Judenbuche [in Fortsetzungen im Stuttgarter ‚Morgenblatt‘]; Die Taxuswand; Am Thurme; Junge Liebe
1843 Das öde Haus; Zeitbilder; Gedruckt: Die Schenke am See; Nachruf an Henriette von Hohenhausen
1844 Mondesaufgang; An einen Freund; Die todte Lerche; Die Ihr beym fetten Mahle lacht; Locke nicht, du Strahl‘ aus der Höh‘; Spätes Erwachen; An Philippa; Die Golems; Grüße; Im Grase; Arbeit an Joseph; Gedruckt: Dass ich der Mittelpunkt der Welt; Spätes Erwachen; Die todte Lerche; Lebt wohl; Mein Beruf; Das Haus in der Haide; Grüße; Im Grase; Die Golems; Die beschränkte Frau; Erste Gesamtausgabe im Verlag Cotta; Abdruck von Gedichten in der „Kölnischen Zeitung“ (heute: Kölner Stadtanzeiger)
1845 Das Bild; Durchwachte Nacht; Das Wort; Zwey Legenden [Das verlorene Paradies, Gethsemane]; Unter der Linde; Auch ein Beruf; Weitere Gedichte in der „Kölnischen Zeitung“; Volksglauben in den Pyrenäen; Mondesaufgang; Gastrecht; Auch ein Beruf; In den ‚Historisch-politischen Blättern für das katholische Deutschland‘ erscheinen in Fortsetzungen die Westphälische Schilderungen
1846 An einem Tag wo feucht der Wind; Gedruckt: Der sterbende General; Sylvesterabend; Das Bild; Das erste Gedicht; Durchwachte Nacht; Mondesaufgang
1847 Auf hohem Felsen lieg ich hier; Annettes Testament; Gedruckt: Gemüth; Der Schweizer Morgen [Schloss Berg]
1848 Als diese Lieder ich vereint; Tod der Annette auf der Meersburg am 24. Mai
1851 Das geistliche Jahr – hg. von Schlüter erscheint bei Cotta
1860 ‚Letzte Gaben‘ – angeordnet von Levin Schücking und Jenny von Lassberg, erscheinen in Hannover
1862 Die erste Biographie – Levin Schücking: „Annette von Droste, ein Lebensbild“
1878/79 Ausgabe sämtlicher Werke – hg. von Levin Schücking bei Cotta in Stuttgart

(Quellen: Herbert Kraft, Annette von Droste-Hülshoff, rororo 1994 Lutz Görner, Droste für alle, ein Lesebuch, Tournee-Ausgabe Hans-Dieter Gröll)

Texte von Annette

Meine Lieder werden leben,
Wenn ich längst entschwand:
Mancher wird vor ihnen beben,
Der gleich mir empfand.
Ob ein Andrer sie gegeben,
Oder meine Hand:
Sieh, die Lieder durften leben,
Aber ich entschwand!

(aus: „Das Geistliche Jahr“: 5. Sonntag in den Fasten)

Die Schenke am See

Ist’s nicht ein heit’rer Ort, mein junger Freund,
Das kleine Haus, das schier vom Hange gleitet,
Wo so possierlich uns der Wirth erscheint,
So übermächtig sich die Landschaft breitet;
Wo uns ergötzt im neckischen Kontrast
Das Wurzelmännchen mit verschmitzter Miene,
Das wie ein Aal sich schlingt und kugelt fast,
Im Angesicht der stolzen Alpenbühne?

Sitz nieder. – Trauben! – und behend erscheint
Zopfwedelnd der geschäftige Pygmäe;
O sieh, wie die verletzte Beere weint
Blutige Tränen um des Reifes Nähe;
Frisch greif in die kristallne Schale, frisch,
Die saftigen Rubine glühn und locken;
Schon fühl‘ ich an des Herbstes reichem Tisch
Den kargen Winter nahn auf leisen Socken.

Das sind die Hieroglyphen, junges Blut,
Und ich, ich will an deiner lieben Seite
Froh schlürfen meiner Neige letztes Gut.
Schau her, schau drüben in der Näh‘ und Weite;
Wie uns zur Seite sich der Felsen bäumt,
Als könnten wir mit Händen ihn ergreifen,
Wie uns zu Füßen das Gewässer schäumt,
Als könnten wir im Schwunge drüber streifen!

Hörst du das Alphorn über’m blauen See?
So klar die Luft, mich dünkt, ich seh‘ den Hirten
Heimzügeln von der duftbesäumten Höh‘ –
War’s nicht, als ob die Rinderglocken schwirrten?
Dort, wo die Schlucht in das Gestein sich drängt – ‚
Mich dünkt, ich seh den kecken Jäger schleichen;
Wenn eine Gemse an der Klippe hängt,
Gewiß, mein Auge müsste sie erreichen.

Trink aus! – die Alpen liegen stundenweit,
Nur nah die Burg, uns heimisches Gemäuer,
Wo Träume lagern lang verschollner Zeit,
Seltsame Mär‘ und zorn’ge Abenteuer.
Wohl ziemt es mir, in Räumen schwer und grau,
Zu grübeln über dunkler Taten Reste;
Doch du, Levin, schaust aus dem grimmen Bau
Wie eine Schwalbe aus dem Mauerneste.

Sieh drunten auf dem See im Abendrot
Die Taucherente hin und wieder schlüpfend;
Nun sinkt sie nieder wie des Netzes Lot,
Nun wieder aufwärts mit den Wellen hüpfend;
Seltsames Spiel, recht wie ein Lebenslauf!
Wir beide schaun gespannten Blickes nieder;
Du flüsterst lächelnd: immer kömmt sie auf! –
Und ich, ich denke: immer sinkt sie wieder!

Noch einen Blick dem segensreichen Land,
Den Hügeln, Auen, üpp’gem Wellenrauschen.
Und heimwärts dann, wo von der Zinne Rand
Freundliche Augen unserm Pfade lauschen;
Brich auf! – da haspelt in behändem Lauf
Das Wirtlein Abschied wedelnd uns entgegen:
>Geruh’ge Nacht – und stehn’s nit zeitig auf!<
Das ist der lust’gen Schwaben Abendsegen.

(Text und Interpretation im Annette-Jahrbuch 1997, S. 40-42)

Am Turme

Ich steh‘ auf hohem Balkone am Turm,
Umstrichen vom schreienden Stare,
Und lass‘ gleich einer Mänade den Sturm
Mir wühlen im flatternden Haare;
O wilder Geselle, toller Fant,
Ich möchte dich kräftig umschlingen,
Und, Sehne an Sehne, zwei Schritte vom Rand
Auf Tod und Leben dann ringen!

Und drunten seh‘ ich am Strand, so frisch
Wie spielende Doggen, die Wellen
Sich tummeln rings mit Geklaff und Gezisch
Und glänzende Flocken schnellen.
O, springen möcht‘ ich hinein alsbald,
Recht in die tobende Meute,
Und jagen durch den korallenen Wald
Das Walroß, die lustige Beute!

Und drüben seh‘ ich ein Wimpel wehn
So keck wie eine Standarte,
Seh‘ auf und nieder den Kiel sich drehn
Von meiner luftigen Warte;
O, sitzen möchte‘ ich im kämpfenden Schiff,
Und zischend über das brandende Riff
Wie eine Seemöwe streifen.

Wär‘ ich ein Jäger auf freier Flur,
Ein Stück nur von einem Soldaten,
Wär‘ ich ein Mann doch mindestens nur
So würde der Himmel mir raten;
Nun muss ich sitzen so fein und klar,
Gleich einem artigen Kinde,
Und darf nur heimlich lösen mein Haar
Und lassen es flattern im Winde!