Ein Text von Marthe Winter und Frau Miethe:
Überall Stolpersteine
Cäcilia Beuken, Walter Eichenwald, Helene und Paul Blumenfeld, Regina und Heron Samuel – eine handvoll Namen, mit denen die Wenigsten wahrscheinlich etwas anfangen können. Namen, die aber eigentlich bekannt sein sollten. Namen auf Stolpersteinen, an denen wir fast täglich vorbeilaufen – manchmal ohne es überhaupt zu wissen. Beim Einkaufen, in der Hektik, im Alltag. Eigentlich allgegenwärtig und trotzdem größtenteils übersehen. Namen über die man tatsächlich nur selten wirklich stolpert.
Gerade um diesem Vergessen entgegenzutreten, beschloss unser Leistungskurs Geschichte aus der Q2 unter Leitung von Frau Julia Miethe, die verschmutzten Steine zu putzen. Gleichzeitig lernten wir die Lebensgeschichten der aus Benrath deportierten Juden und erfuhren von der Nacht des 08./09. Novembers 1938 im Stadtteil, in der die Synagoge in der Friedhofstraße niedergebrannt wurde.
Die Stolperstein-Aktion war Abschluss unserer Unterrichtsreihe zum Nationalsozialismus. Besonders bei diesem Thema ging es nicht nur um den Rückblick in die deutsche Geschichte, sondern vor allem auch um den Blick in die Gegenwart und Zukunft: Beschäftigen wir uns genügend mit dem Holocaust? Beschäftigen wir uns ernst genug damit? Welche Form der Erinnerung ist angemessen? Werden wir der Verantwortung unserer Geschichte gerecht? – Dies waren Fragen, die wir uns im Unterricht stellten. Schaut man nämlich auf erst kürzlich vorangegangene Ereignisse, wie z.B. unangebrachte Nazi-Vergleiche von Teilnehmer*innen der Querdenker-Demos, müssen wir diese Fragen leider oftmals mit einem klaren Nein beantworten.
Auf der Suche nach einer angemessenen Form der Erinnerungskultur hat sich der Leitungskurs mit den Biografien der Namen auseinandergesetzt, auf die die Stolpersteine hinweisen. Und die Stolpersteine in Benrath glänzen nun wieder – in der Hoffnung, dass sie nicht wieder verblassen, dass deshalb jemand drüber stolpert, stehen bleibt und sich erinnert an ihre Namen und ihre Schicksale.
Ergänzung Frau Miethe:
Viel ist Marthes Worten nicht hinzuzufugen. Außer vielleicht der Dank an einen außergewöhnlichen Leistungskurs, dem es zwischen Klausurphasen, Abiturvorbereitung und dem ohnehin derzeit nicht gerade einfachen Corona-Alltag ein persönliches Anliegen war, die Benrather Stolpersteine in ihrer Freizeit zu säubern.
Ich bin froh, dass sich junge Menschen den Querdenker-„Janas aus Kassel“ gegenüberstellen und ihren eigenen reflektierten Umgang mit der Erinnerung finden. Und ich bin stolz, diese junge Menschen meine Schüler*innen nennen zu dürfen.