Die Annette – Schulverfassung
Mahir K., ein Schüler der Schülerreporter-AG, interviewte Frau Stelter zum Thema Schulverfassung.
Interview mit Frau Stelter am 07.09.2023 zum Thema Projekt Schulverfassung:
Hallo Frau Stelter, ich möchte Ihnen für unsere Schülerreporter AG bezüglich unseres Projektes der Erstellung einer Schulverfassung gerne ein paar Fragen stellen bzw. Sie interviewen.
1. Könnten Sie sich zu Beginn bitte kurz vorstellen und erläutern, welche Funktion Sie an unserer Schule haben?
Mein Name ist Martina Stelter, ich bin seit 2004 am Annette Gymnasium tätig und ich unterrichte die Fächer Englisch, Deutsch und Praktische Philosophie. Zurzeit bin ich Klassenlehrerin einer siebten Klasse. Seit ich am Annette bin, bin ich eigentlich immer als Klassenlehrerin in den Jahrgängen 5, 6 und 7 eingesetzt gewesen und aus diesem Grund beschäftige ich mich natürlich auch sehr viel mit dem Thema Klassengemeinschaft und Zusammenhalt. Dazu gehört natürlich auch eine positive Arbeitsatmosphäre und ein guter Umgang mit Konflikten.
2. Was würden Sie sagen ist eine Schulverfassung überhaupt? Für die, die das nicht wissen?
Im Wort Schulverfassung steckt ja das Wort Verfassung. Das kennt ihr sicher alle aus der Politik. Ihr wisst, dass Staaten eine Verfassung haben. Die Bundesrepublik Deutschland hat stattdessen ein sogenanntes Grundgesetz und das bestimmt wie die Gemeinschaft in der Bundesrepublik Deutschland funktionieren soll, und solch ein Grundgesetz oder eben eine Verfassung kann man sich auch als Schule geben. Eine Schule ist ja auch eine Gemeinschaft. Wir haben ja auch so etwas wie eine Regierung, das ist die Schulleitung. Und wir haben auch so etwas wie Bürger und Bürgerinnen oder eine arbeitende Bevölkerung: Das sind alle Menschen, die an dieser Schule tätig sind. Eine Schulverfassung will sozusagen die Grundlagen für das Zusammenleben dieser Gemeinschaft legen. Erst einmal werden bestimmte Grundrechte festgelegt, zum Beispiel das Recht auf Respekt, auf Achtung und Wertschätzung, auf freundlichen Umgang. Dann werden darin natürlich auch Pflichten festgelegt, zum Beispiel, dass man Verantwortung für sein Handeln übernimmt. Aber es geht natürlich auch darum, wie wir unser Zusammenleben organisieren wollen. Da sind alle Beteiligten mit eingebunden: die Schülerinnen und Schüler, die Eltern, die Lehrkräfte, aber natürlich auch alle anderen, die an dieser Schule mitarbeiten, wie der Hausmeister, die Sekretärinnen, die Reinigungskräfte, die Mensa-MitarbeiterInnen und die Betreuung am Nachmittag. Diese Personen werden oft gar nicht wahrgenommen, sind aber ein wichtiger Teil einer funktionierenden Schule und sollen deshalb in unsere Schulverfassung mit eingebunden werden. D.h. wenn wir Wertschätzung als ein wichtiges Recht ansehen, dann müssen wir all den oben aufgeführten Mitgliedern unserer Gemeinschaft diese Wertschätzung entgegenbringen.
3. Was war Ihre Motivation eine Schulverfassung zu erstellen?
Die Idee dazu hatte eigentlich Frau Vrckovski. Und ich fand die Idee sofort gut. Ich denke als Klassenlehrerin schon sehr lange darüber nach, wie wir es schaffen können, die Gemeinschaft an unserer Schule stärker zu fördern. Ich glaube, wenn man jede einzelne Person fragen würde – egal ob Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte, Eltern oder unsere Putzkräfte -, sie würden vermutlich in ihren Wünschen nicht weit auseinanderliegen: Wir alle wünschen uns ja, so akzeptiert zu werden, wie wir sind. Und wir wünschen uns vermutlich auch alle, dass andere freundlich mit uns umgehen, dass sie Rücksicht auf uns nehmen und dass sie uns und unsere Arbeit achten und wertschätzen. Trotzdem erleben wir im Schulalltag manchmal das genaue Gegenteil: Auf dem Flur wird geschubst, Türen werden rücksichtslos vor der Nase zugeworfen, Menschen werden beleidigt, gedemütigt und ausgeschlossen, die Toiletten werden verwüstet etc. Daraus ergeben sich für mich zwei Fragen: Was hält Menschen eigentlich davon ab, das, was sie sich für sich selbst wünschen, auch im Umgang mit anderen zu leben? Und: Was läuft eigentlich da, wo ein gutes Miteinander gelingt, richtig? Denn es gibt ja viele Momente, in denen ich für mich das Gefühl habe, dass ich gerne hier an der Schule arbeite und mich mit den Schülerinnen und Schülern und auch den Eltern als Teil einer guten Gemeinschaft fühle. Und das geht sicher auch vielen anderen am Annette so. Auf die erste Frage weiß ich keine zufriedenstellende Antwort. Für die zweite habe ich zumindest eine Idee: Ich glaube, eine Gemeinschaft funktioniert da richtig gut, wo alle gemeinsam die Verantwortung dafür tragen, DASS sie funktioniert. Wenn in eurer Klasse oder eurem Jahrgang etwas schiefläuft, steht nicht daneben, mischt euch ein. Achtet aufeinander. Ihr selbst seid die Gemeinschaft und habt es in der Hand, sie so zu gestalten, dass sich alle willkommen fühlen. Um ein solches Verantwortungsgefühl nicht nur in der eigenen kleinen Klassen- oder Freundesgruppe, sondern für die gesamte Schulgemeinschaft zu entwickeln, muss man die Gemeinschaft wollen, sich für sie entscheiden und man muss das Gefühl haben, dass die Gemeinschaft einen auch will. Mit möglichst vielen Menschen zusammen eine Verfassung zu entwickeln, ist eine gute Möglichkeit zu sagen: Wir alle wollen diese Gemeinschaft gestalten. Wir werden gefragt und können etwas dazu beitragen, dass unsere Wünsche gehört werden. Das ist natürlich nicht mal eben so gemacht und bedarf einer sehr ehrlichen Auseinandersetzung aller Beteiligten. Ich habe diesen Prozess angestoßen, gelingen kann er aber nur, wenn viele sich engagieren, Zeit und Energie investieren und auch Lust auf Gemeinschaft haben, denn um es mal auf den Punkt zu bringen: Wir gehen nicht in die Schule, wir SIND die Schule.
4. Was ist das Ziel einer Schulverfassung?
Das Ziel einer Schulverfassung ist eigentlich, dass möglichst viele Menschen, die an der Schule wirken und arbeiten, an dieser Schulverfassung beteiligt werden, dass sie sich darin wiederfinden, dass sie sagen, diese Werte vertrete ich auch und ich stehe dahinter. Wenn man eine Schulverfassung hat, hinter der alle stehen können, dann müsste sich daraus ein tragfähiges Gemeinschaftsgefühl entwickeln, dann ist man vielleicht stolz oder zufrieden, auf diese Schule zu gehen und fühlt sich wohl hier. Das schafft aber nicht eine Schulverfassung auf dem Papier allein. Viel wichtiger ist, dass die Gemeinschaft gelebt wird, dass wir viel zusammen machen. Diejenigen unter euch, die im Chor oder im Orchester oder in der Theater-AG sind oder in der Annette-Courage-AG oder im Literaturkurs oder der SV oder in anderen Gruppen, werden das vielleicht spüren. Auch die, die beim Weihnachtsbasar mitmachen und die Früchte ihrer Arbeit verkaufen, werden das spüren: Etwas gemeinsam zu schaffen, fühlt sich gut an. Von der Schulgemeinschaft anerkannt und gelobt zu werden, fühlt sich gut an. Wir müssen uns mehr gemeinsame Zeit nehmen, mehr zusammen feiern, gute Sachen mehr feiern. Das Sommerfest ist da zum Beispiel eine tolle Idee.
5. Wie lange wird das Verfahren ungefähr dauern?
Wir schätzen, dass das Verfahren ungefähr zwei Jahre dauern könnte. Es kann aber auch weniger lange oder länger dauern. Das kommt einem jetzt vielleicht sehr lang vor, aber ihr müsst bedenken, dass, wenn man mit möglichst vielen Menschen sprechen und möglichst viele Menschen einbinden will, es entsprechend auch viel Zeit benötigt. Im Moment arbeiten ungefähr 30 Menschen mit: Eltern, Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte, eine Betreuungskraft. Zurzeit arbeiten wir in drei Gruppen. Eine davon ist z. B. gerade dabei einen Fragebogen zu erstellen, mit dem möglichst viele Schülerinnen und Schüler angesprochen werden sollen, um sich zu verschiedenen Aspekten des Schullebens zu äußern. Wir wollen wissen, was ihr gut findet, wo ihr Verbesserungsbedarf seht etc.
6. Wen kann ich ansprechen, wenn ich noch teilnehmen möchte, welche Kontaktdaten können Sie mir geben?
Ansprechen könnt ihr natürlich mich, auf dem Flur oder auf dem Hof, kurz: überall, wo ihr mich seht. Ich habe auch eine E-Mail-Adresse unter der könnt ihr mich natürlich auch anschreiben: martina.stelter@schule.duesseldorf.de, aber es ist auch so, dass ich regelmäßig versuche, in den Schulbrief, den die Frau Weiß herausschickt, einen kleinen Absatz zum Stand der Schulverfassung zu schreiben. Da wird auch gesagt, wann und wo unsere Treffen stattfinden. Da kann man einfach mal dazukommen, wenn man Lust hat. Wir freuen uns über ALLE Menschen, die Lust haben mitzuarbeiten. Ihr könnt natürlich auch andere Lehrkräfte ansprechen, z. B. Frau Yildirim, Frau Lehmkühler, Herrn Gropper, Frau Haas oder Herrn Busse oder auch Herrn Nacken.
Vielen Dank für das Gespräch und Ihre Zeit.
Ich danke dir, Mahir!
Die Arbeitsruppe „Schulverfassung“ besteht aus Schülern und Schülerinnen, Lehrkräften, Schulmitarbeitern und Eltern. Daraus hat sich eine Gruppe zusammengefunden, um die Schulverfassung ins Leben zu rufen. Aus dieser großen Gruppe haben sich drei kleinere Gruppen gebildet. Mit Hilfe dieser Untergruppen bezwecken wir schneller und präziser zu arbeiten.
Die Untergruppen heißen Event, Fragebogen und Geschichte.
Die Event-Gruppe kümmert sich darum, dass die Schulverfassung präsenter und gelebt wird.
Die Fragenbogen-Gruppe erstellt ein Fragebogen und anhand der Antworten der Schülerinnen und Schüler wird sich die Schulverfassung orientieren.
Die Gruppe Geschichte schaut, was am Annette einmal besser war als jetzt, und versucht, es wieder zu ermöglichen.
Aktuell gibt es noch nicht so viele Mitarbeitende. Darum komm/kommt gerne auch dazu, und hilf/helft uns, die Schulverfassung zu erarbeiten. Wann hat man schon die Möglichkeit, eine Verfassung zu schreiben?
Dieser Beitrag wurde von Mahir K. aus der Schülerreporter-AG verfasst.