Den Opfern eine Stimme gegeben …
… haben die Darstellerinnen und Darsteller des Theaterkollektivs Pièrre Vers, um den Betroffenen der Reichspogromnacht in Düsseldorf zumindest postum Gehör zu verschaffen.
Zugehört haben Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe Q1 an einem besonderen Ort: Die jüdische Gemeinde Düsseldorfs öffnete die Pforten ihrer Synagoge am Paul-Spiegel-Platz, gewährte somit Einblicke in bisher unbekannte Räume und trug so zu einem eindrucksvollen wie einmaligen Erlebnis bei.
Nachfolgend haben einige Teilnehmer ihre Eindrücke formuliert:
„Das Stück war sehr ergreifend und mitreißend. Dies lag vor allem daran, dass die Schauspieler die Handlungen und Emotionen der Opfer besonders realistisch dargestellt haben. Somit war es einem möglich, sich in die Situation hineinzuversetzen und das grausame Ereignis mitzuerleben. Teilweise gab es wirklich einige Gänsehautmomente, wenn man darüber nachgedacht hat, wie verstoßen und wertlos sich die Menschen aufgrund ihrer Religion gefühlt haben müssen. Aufgrund dessen bringt mich das Stück auch noch einige Stunden, Tage und Wochen danach zum Nachdenken. Dies ist ebenfalls einer der Gründe dafür, warum ich der Meinung bin, dass man diesem Thema viel mehr Aufmerksamkeit schenken sollte, denn viele Menschen sind sich überhaupt nicht bewusst, wie erbarmungslos sich diese Nacht im Jahr 1938 zugetragen hat.“
„Ich hatte vorher noch nie eine Synagoge besucht und auch keinen direkten Kontakt zum Judentum gehabt. Ich bin für diese Möglichkeit dankbar. Der Rabbiner erzählte und erklärte uns die Grundzüge der Religion (u.a. dass die Seele ein essentieller Bestandteil sei) und beantwortete Fragen, z. B. warum im Gebetssaal die Frauen auf einer oberen Ebene sitzen. Wir durften außerdem einen Blick auf die Tora werfen. In dem Raum, in dem das Theaterstück stattfand, lernten wir die Perspektiven von „echten“ Menschen, die die Reichpogromnacht in Düsseldorf erlebt hatten, kennen und erfuhren, wie vor allem Juden diese erlebt hatten. Es ist eine Sache, Texte mit einer gewissen Distanz zu lesen und auf diese Weise zu lernen, aber eine ganz andere, wie die vier Darsteller all diesen Leuten ein Gesicht gaben.“
„Ich bin sehr froh, dass wir die Möglichkeit hatten, diese Exkursion zu unternehmen. Ich war davor noch nie in einer Synagoge gewesen, geschweige denn hatte ich eine im richtigen Leben bisher gesehen. Ich bin dankbar, einen Einblick in dieses jüdische Gotteshaus, aber auch in die Religion des Judentums an sich erlangt zu haben, denn die persönliche und kulturelle Weiterbildung ist, wie ich finde, heute mehr denn je von großer Bedeutung. Besonders eindrucksvoll war für mich das Theaterstück. Es ist ein ganz anderes Gefühl, wenn man im Unterricht oder persönlich etwas über die Reichpogromnacht liest, oder wenn man die Eindrücke und Erfahrungen, aber besonders die Emotionen vorgespielt bekommt. Plötzlich erhält die Masse an Menschen, die betroffen waren, Gesichter, Namen und eine eigene Geschichte. Und dadurch, dass all diese Personen aus unserer Heimatstadt Düsseldorf stammten und ebenfalls die Straßennamen der Wohnorte genannt wurden, die man als Düsseldorfer natürlich kennt, haben einen die persönlichen Schicksale nur noch mehr berührt. Das Theaterstück hat mir den Schrecken der Nacht vom 9. auf den 10. November des Jahres 1938 noch einmal vor Augen geführt und mir bewusst gemacht, wie wichtig Zivilcourage ist und dass so etwas nie wieder passieren darf, nie wieder.“
„Mir persönlich hat das Theaterstück vor allem aufgrund des unkonventionellen Aufbaus sehr zugesagt. Durch die künstlerische Darstellung wurde die damalige Situation aus Sicht der Juden greifbar verdeutlicht. Das Theaterstück hat mir gezeigt, dass Geschichte sehr gut durch verschiedene künstlerische Formen dargestellt werden kann, ohne direkt dazu Stellung zu nehmen. Zudem finde ich, dass die Schauspieler eine tolle Leistung erbracht haben, weil sie sehr frei und ergreifend gesprochen haben. Was mir außerdem gefallen hat, ist, dass die Zuschauer teilweise mitgenommen wirkten und die Aufmerksamkeit geweckt war.“
„Unsere Exkursion in die Synagoge und das Theaterstück war eine besondere Erfahrung. Nicht nur war die Synagoge sehr prachtvoll, sie strahlte auch eine sehr besondere Ruhe aus. Auch das Theaterstück war etwas Besonderes. Durch die simple Bühne, die Zitate und Ausschnitte aus Interviews mit Zeitzeugen wurde die „Reichskristallnacht“ wirklich bzw. realitätsnah darstellt.“
„Die Exkursion war eine tolle Möglichkeit, die Geschehnisse der Geschichte einmal anders wahrzunehmen als im Unterricht. Durch das Vortragen der einzelnen Berichte zur Reichspogromnacht im Rahmen des Theaterstücks konnte man sich den Schrecken besser vorstellen. Erst das Vortragen verlieh den Berichten ihre Aussagekraft. Auch die Tatsache, dass es sich um Personen aus Düsseldorf handelte, sorgte für eine Nähe und bewegte einen deshalb noch mehr. Insgesamt war es eine sehr gelungene Darstellung der Schicksale, die einen deutlich mehr berührte als ein Text im Geschichtsbuch. Dementsprechend war es eine lohnende Erfahrung und interessante Exkursion.“
Besuch der Theaterperformance „Aktion: Aktion!“ am 26.09.2022
Geschichte lebendig werden lassen. Das ist etwas, was dem Theaterkollekiv von Pièrre Vers definitiv gelungen ist. Trotz der regnerischen Wetterlage, an dem extra für uns reservierten Montag, durften wir alle eine unvergessliche Erinnerung mitnehmen.
Spielort war der historisch bedeutsame Reeser Platz in Düsseldorf-Golzheim. Viele Straßenschilder tragen dort die Namen der Personen, die an der so genannten „ Aktion Rheinland“ beteiligt waren, wie zum Beispiel Theodor Andresen, Aloys Odenthal, Karl August Wiedenhofen, Karl Müller, um nur einige zu nennen. Dies waren Düsseldorfer Bürger, die zum Ende des Zweiten Weltkriegs einen Plan entwickelten, wie Düsseldorf vor einer völligen Zerstörung gemäß Hitlers „Nero-Plan“ bewahrt werden könnte. Dazu brauchten sie die Unterstützung des derzeitigen Kommandanten der Schutzpolizei, Franz Jürgens, ohne dessen Hilfe die Rettung der Stadt aussichtslos gewesen wäre. Die schwierigen Bedingungen, unter denen der Plan reifen konnte, wurde durch die Theaterperformance „Aktion, Aktion“ verdeutlicht und unterstrich die Tapferkeit und Treue dieser Männer zu ihrer Heimat. Viele von ihnen bezahlten diese Liebe mit ihrem Leben, doch letztlich gelang die kampflose Übergabe Düsseldorfs an die Alliierten, ohne dass die Stadt noch weiter sinnlos zerstört worden wäre.
Diese Geschichte erlebten wir unter widrigen Wetterbedingungen, doch wurden wir sofort herzlich in Empfang genommen und gegen Regen und Kälte ausgestattet. Zur Ausrüstung gehörten ein Sitzpolster, eine warme Decke und ein durchsichtiger Regenschirm, der sich zu einem späteren Zeitpunkt als äußerst nützlich erwies, um das Geschehen von einem drehbaren Hocker verfolgen zu können. Mithilfe eines Audiosystems, bei dem es sich um Bluetooth-Kopfhörer, die mit den von den Darstellern getragenen Mikrophonen verbunden waren, handelte, wurden wir mitten ins Geschehen geworfen. Die aufgestellten Stühle waren umfasst von jeweils einer links und einer rechts gelegenen Bühne, wobei im Laufe des Stückes der gesamte Platz in die künstlerische Darstellung eingeschlossen wurde. Dadurch wirkte alles sehr lebendig und man fühlte sich von den damaligen Geschehnissen mitgenommen. Insbesondere dazu beigetragen hat im großen Rahmen die schauspielerische Leistung und der große technische Aufwand, der hinter den Soundeffekten stand, die ebenfalls live über die Kopfhörer abgespielt wurden und damit die Aktion untermalten. Dieser Pluspunkt führte bei einigen Zuschauern leider aber auch zu Verwirrung, denn nicht immer waren die Schauspieler zu lokalisieren und die gerade angenommene Identität bzw. Rolle einfach zu durchschauen. Doch insgesamt sorgten all diese Aspekte für einen runden Abschluss unseres Geschichtsthemas und vermittelten uns viel mehr, als Texte und Geschichtsbücher es jemals könnten. Vielen Dank ! 🙂
Paulina T. und Maro V.
Exkursion in die Düsseldorfer Mahn- und Gedenkstätte
Genau eine Woche und einen Tag nachdem unsere Stufe, die Q1, den äußerst eindrucksvollen Besuch der Synagoge mit anschließender Theaterdarbietung unternommen hatte, ging es für uns einen Schritt weiter auf den Spuren der Reichspogromnacht. Unser Geschichtskurs besuchte die Mahn- und Gedenkstätte in der Düsseldorfer Altstadt und gemeinsam absolvierten wir vor Ort einen Workshop, der uns noch mehr in die Geschichte sowie das Leben und die Schicksale der Opfer des Nationalsozialismus eintauchen ließ. Ein weiteres Mal durften wir also Teil eines besonderen und aufschlussreichen Erlebnisses werden, welches definitiv den einen oder anderen Eindruck hinterlassen hat.
(Amina)
Dort angekommen, stellten sich unsere beiden Leitungen für den Tag vor, woraufhin wir uns 30 Minuten lang in der Ausstellung umsehen durften und uns mit den verschiedenen Inhalten und deren Aufbau bekannt machen konnten. Es gab einen Raum, welcher sich auf einzelne Schicksale und Geschichten verschiedenster Menschen konzentrierte. Diese konnten Juden, Kinder aus der Hitlerjugend oder Personen, welche sich mit der LGBTQ+-Community identifiziert hätten, sein. In diesem wurden dann auch weitere Fragen zur Ausstellung geklärt.
Danach teilten wir uns in Gruppen auf, um uns mit einer Person noch etwas genauer zu befassen. Einige von ihnen kannten wir schon aus dem Theaterstück. Dabei ordneten wir Gegenstände ihrer Lebensgeschichte zu, welche wichtige Momente für diese darstellten. Wir überlegten uns auch, was passierte wäre, hätte die Person an einer Stelle ihres Lebens etwas anders gemacht. Unsere ausgearbeiteten Informationen sammelten wir dann alle zusammen auf einem großen Zeitstrahl.
Als Letztes besuchten wir den Luftschutzkeller, welcher unter der Gedenkstätte liegt. Dieser ist noch gänzlich erhalten, mit jeglichen Maschinerien zum Ausgleichen des Luftdruckes und ähnlichem.
(Kristina)
Uns allen hat der Workshop richtig gut gefallen. Dieser war nicht für alle gleich gestaltet und dadurch nicht langweilig.
Manchmal hatten wir sogar zu wenig Zeit zur Verfügung, um alles zu entdecken und sich mit den Themen auseinander zu setzen, besonders zu Beginn in den Räumen der Ausstellung.
Der Workshop war sehr informativ und das Arbeiten in den Kleingruppen hat uns wirklich Spaß bereitet. Außerdem konnten wir uns so mit einzelnen Schicksalen besser auseinandersetzen. Sehr interessant waren dabei natürlich die Menschen, die wir im Theaterstück schon teilweise kennengelernt hatten.
Allumfassend war diese Exkursion ein voller Erfolg und wird noch länger in unserem Gedächtnis bleiben.
(Lea)